Staatsbürgerverständnis und politische Mobilisierung: Einbürgerungen in Schweizer Gemeinden

Seit längerer Zeit kommt es in der Schweiz immer wieder zu heftigen Debatten über das schweizerische Einbürgerungsverfahren und die Diskriminierung gegenüber Gesuchstellern aus gewissen Herkunftsländern. Dieser Artikel präsentiert erste Resultate einer Umfrage in 207 Schweizer Gemeinden zu den Ursachen unterschiedlicher Ablehnungsquoten von Ein­bürgerungsgesuchen auf lokaler Ebene. In der Schweiz spielen die Gemeinden eine zentrale Rolle im Einbürgerungswesen. Es soll aufgezeigt werden, dass die jeweils verfolgte lokale Einbürgerungspolitik auf kulturelle und politische Faktoren zurückgeführt werden kann. Die zentralen Hypothesen besagen, dass Einbürgerungsverfahren politische Entscheidungspro­zesse darstellen und sowohl von kulturellen und institutionellen Strukturen wie dem vorherr­schenden Staatsbürgerverständnis und den Entscheidungsmodi wie auch von mobilisierenden politischen Akteuren abhängt. Die Erteilung der Staatsbürgerschaft soll dabei als Instrument sozialer Schliessung betrachtet werden, welches in den Gemeinden unterschiedlich eingesetzt wird und das dominierende Verständnis der Staatsbürgerschaft sowie aktuelle politische Kräfteverhältnisse widerspiegelt     

Der Halo‐Effekt: Diffuses Bedrohungsempfinden und SVP‐Wähleranteil

Die Wählerstärke rechtspopulistischer Parteien wird regelmässig entweder auf ein Bedrohungsempfinden durch einen hohen lokalen Ausländeranteil oder aber geringe Kontaktmöglichkeiten zwischen Mehrheit und Minderheit zurückgeführt. Dieser Beitrag stützt sich theoretisch auf eine Synthese dieser Perspektiven, die als Halo‐Effekt bezeichnet wird. Demnach ist es weniger die lokale Grösse der lokalen, als fremd wahrgenommenen Bevölkerung als vielmehr deren relativer Anteil im Umland, der zu einem diffusen Bedrohungsgefühl führt. Der Wahlerfolg der Schweizerischen Volkspartei (SVP) auf Ebene der schweizerischen Gemeinden dient als Grundlage der empirischen Untersuchung, die alternativ mit Anteilen der ausländischen und muslimischen Bevölkerung durchgeführt wird. Räumliche Mehrebenen‐Regressionsmodelle liefern für beide Gruppen Hinweise auf eine Koexistenz von direkten negativen Effekten der Bevölkerungsanteile der Minderheiten auf den Anteil der SVP (im Sinne der Kontakthypothese) sowie von Halo‐Effekten, wobei die direkten Effekte etwas ausgeprägter auszufallen scheinen. Sozio‐strukturelle Faktoren können diese Zusammenhänge reduzieren (eine hohe Arbeitslosigkeit neutralisiert den negativen Effekt des Anteils Ausländer) oder verstärken (ein höheres Einkommensniveau akzentuiert den Halo‐Effekt für Muslime).     

Stärkere Volksrechte – Zufriedenere Bürger: eine mikroökonometrische Untersuchung für die Schweiz

Direkte Demokratie führt für die Bürger zu vorteilhaften Ergebnissen des politischen Prozesses, was in zahlreichen empirischen Untersuchungen überzeugend nachgewiesen wurde. Wir zeigen überdies, dass die Bürger in stärker ausgebauten direkten Demokratien mit ihrem Leben zufriedener sind. Unsere Untersuchung stützt sich dabei auf eine Befragung über das subjektive Wohlbefinden von über 6'000 Einwohnern der Schweiz zwischen 1992 und 1994. In der Querschnittsanalyse wird das geäusserte subjektive Wohlbefinden einem neuen Index gegenübergestellt, welcher die direktdemokratischen Rechte der Bürger in den 26 Kantonen der Schweiz erfasst. Die Sensitivitätsuntersuchungen zeigen, dass besonders die Möglichkeit, via Verfassungs‐ und Gesetzesinitiativen neue Ideen in den politischen Prozess einzubringen, das subjektive Wohlbefinden erhöht. Dieser Zusammenhang ist um so stärker ausgeprägt, je kleiner die absolute Anzahl nötiger Unterschriften ist und je länger die Sammelfrist dauert.     

De la citoyenneté stato-nationale à la citoyenneté européenne: quelques éléments de conceptualisation

Les approches traditionnelles de la citoyenneté européenne soulignent la rupture avec le modèle stato-national de citoyenneté. Les théoriciens de ce paradigme mobilise l'idée d'une citoyenneté postnationale ou supranationale. Ils imaginent le future de la politique européenne avec l'aide de nouveaux concepts. Après une brève revue des théories et des concepts, cet article propose de manière critique une autre analyse de la citoyenneté européenne. Il examine le future de la citoyenneté européenne dans la continuité de la politique stato-nationale en matière d'identité et de citoyenneté. L'objet du présent article revient à situer cette appartenance civique, grâce à une analyse socio-historique de sa genèse, à en cerner la spécificité autour des principaux concepts qui en forment la substance (droits et devoirs, identité politique, pluralisme démocratique, code moral et cohésion sociale).     

E‐Informality in Venezuela: The ‘Other Path’ of Technology

The study explores arguments concerning the concept of the informal economy and makes the case that new media technologies, or more broadly, information and communication technologies (ICTs), as a socio‐economic phenomenon, tend to be exploited in the same way as other economic activities by those actors that operate in the informal economy. Moreover, this exploitation tends to show similar patterns in terms of growth and ownership concentration. In this context, the study analyses the patterns and tendencies that transpire when informal actors exploit ICTs. It aims to question the validity of the neoliberal paradigm that portrays informality and new media technology as a creative process that requires deregulation. The article is based on a field study carried out in Venezuela between 2003 and 2004.     

Etat incitateur ou “deuxième ville”: l'animation socioculturelle à Genève

Cet article propose une analyse du paysage hétéroclite de l'animation socioculturelle à Genève. À partir d'un aperçu historique de son développement, les auteurs proposent une typologie, distinguant l'animation “d'allégeance” basée sur des valeurs et des formes d'intervention traditionnelles, l'animation “de gestion” caractérisée par la professionnalisation de l'intervention, l'animation “de conscientisation” en coopération conflictuelle avec les instances étatiques et, enfin, l'animation “indépendante” insérée dans des niches culturelles. Cette typologie nous permet de souligner d'une part des transformations dans l'action de l'Etat, qui développe des activités incitant à l'animation auto-organisée à la place des interventions planificatrices du social et, de relever d'autre part la variété dans la pratique d'animation qui se situe entre dépendance étatique complète et deuxième ville. Les conséquences de ces transformations seront discutées du point de vue de leur contribution à la création de nouveaux espaces publics urbains, ainsi que de l'effet de la diversité dans l'animation sur la diffusion du lieu de la politique dans la société.     

The Russian Economy in 2008: Testing the "Market Economy"

In Russia, the market system that arose out of the financial crisis of a decade earlier faced its first major challenge in the second half of 2008. The Russian response to this crisis provides a defining event for the Russian market economy. Drawing on macroeconomic statistics and newspaper coverage, the article uses the crisis as a lens for focusing on the nature of the Russian economy in 2008, and on the defining characteristics behind its response to the crisis. The beginnings of a systematic response that tells us much about the state of the Russian economy in 2008 is already evident.