Abstract: | Wenn man von „Identit?t” spricht, dürfte sich im Allgemeinen das geistige Bild einer Kugel, etwas in sich Geschlossenes, einstellen.
Die entsprechende „klassische” Identit?tsvorstellung ist seit dem cultural turn in eine Krise geraten, ohne dass jedoch eine befriedigende neue Vorstellung an ihre Stelle getreten w?re. Ausgehend von einer
relationalen Wirklichkeitsauffassung (Cassirer, Rorty, Bourdieu) unterbreitet der vorliegende Artikel den Vorschlag, sich
Identit?ten als Netzwerke von Dispositionen vorzustellen. Die Problematik wird in der Diskussion um kollektive Identit?ten
sozialer Bewegungen verortet. Die Entwicklung der theoretischen Modellvorstellung nimmt ihren Ausgang bei der empirischen
Untersuchung von religi?sen Bewegungen in einer Bürgerkriegssituation (Guatemala). Eine Analyse der Tiefenstruktur praktischer
Operatoren der Wahrnehmung, des Urteilens und des Handelns der Akteure erlaubt die Rekonstruktion dieser Operatoren im Modell
eines Netzwerks fundamentaler logischer Relationen, die den allt?glichen Wahrnehmungs-, Urteils- und Handlungsweisen zugrund
liegen. Auf dieser Basis werden dann theoretische Perspektiven eines Netzwerk-Modells von Identit?t diskutiert. Dabei werden
verbreitete Probleme der Identit?tstheorie im Rahmen der Bewegungstheorie aufgegriffen, wie z.B. individuelle vs. kollektive
Identit?t, das Verh?ltnis von Kognition, Affekt und Leib oder die Relation von Identit?ten und gesellschaftlichen Strukturen.
Diese Fragestellungen werden mit Hilfe des Netzwerk-Modells neu interpretiert. |